Biographien

„Selbstbiographie des Husarenobersten von ……ky oder: meine militairische Laufbahn im Dienste Friedrich des Einzigen“. Aus dessen hinterlassenen Papieren herausgegeben. Leipzig 1843, 2 Bände.

Diese Quelle, nennen der Militärhistoriker Curt Jany in „Geschichte der Preußischen Armee“, 2. Band, Die Armee Friedrich des Großen, Osnabrück 1967, S. 111, 452 und 528 sowie Christopher Duffy in „Friedrich der Große“, Augsburg 1994, S. 210, 264, 265 und 492. Duffy nennt als Autoren „J. G. Lojewsky“, während Jany nur „v. Lojewsky“ angibt.

Gneomar Ernst von Natzmer erwähnt in seinem 1870 in Hannover erschienen Buch „George Christoph von Natzmer, Chef der weißen Husaren“, einen Offizier von Lojewski, dem späteren „Veteran“ des Regiments, „dessen Tagebuch wir manche Mitteilung verdanken“ (S. 92).

Interessant ist, dass die zahlreichen Textteile, die zitiert wurden, sich in der “ Selbstbiographie des von ……ky“ wiederfinden lassen! Allerdings ist bei von Natzmer von einem „Veteran“ oder einem „alten Husaren“ die Rede und erst gegen Ende des Buches wird verraten, dass sich dahinter der Offizier von Lojewski verbirgt (S. 37, 59, 63, 64, 74, 92). Es ist schwierig zu entscheiden, ob Gneomar Ernst von Natzmer das originale Tagebuch vorlag oder ob er bereits die 27 Jahre zuvor erschienene „Selbstbiographie des von ……ky“ benutzte.

Schon der Titel der „Selbstbiographie“ weist auf den anonym bleibenden Autor hin. Das setzt sich im Inhalt insofern fort, dass Daten, die Rückschlüsse auf die eigene Person und Herkunft zulassen, vermieden werden. Das Städtchen, aus dem er stammt, wird nur mit W… angegeben. Das beschriebene Thologiestudium in Jena, welches er im Frühjahr 1737 beginnt und wo er seinen späteren Freund, den Jurastudenten August Karl von Natzmer kennenlernt, läßt auch keine weiteren Rückschlüsse zu. Weder von Lojewski noch von Natzmer können in den Matrikeln der Universität Jena bestätigt werden.

Erwähnt werden jedoch Joh[ann] Frider[icus] de Loheffsky [wohl richtig Lojeffsky] am 15.12.1716 in den Matrikeln der  Universität zu Wittenberg, ohne Angabe seiner Herkunft und seines Studienfaches (Juntke, S. 281), der Jurastudent Carl Fried[rich] de Natzmer am 24.7.1737 in den Matrikeln der Martin-Luther-Universität in Halle-Wittenberg (Preuß, S. 161).

Eigenartig fand ich, dass nur die Beförderung des von ……ky zum Premierlieutenant mit den tatsächlichen Daten eines von Lojewski übereinstimmen!

Um einen Überblick zu bekommen werden alle biographischen Daten der „Selbstbiographie“ aufgeführt:

NN. von ……ky, Feldwebel der Grenadier-Garde Wilhelm I. in Potsdam, machte 1715 den Feldzug in Pommern und auf Rügen, wie auch die Belagerung von Stralsund mit, wurde dienstunfähig durch einen Armbruch infolge einer Feuersbrunst in der Garnison und war später Obereinnehmer in dem Städtchen W…; dort gestorben 1734, die Ehefrau starb 1726 ebd.; weitere Kinder: eine Tochter, 2 Jahre älter als Fritz von ……ky.

Fritz von ……ky, geboren (1717 bzw. 1720) in dem Städtchen W…, nicht sehr entfernt von der Provinzhauptstadt, welche in einem der Staaten Wilhelm I. lag, ev. (Er hatte am Reminiscere, d.h. dem 2. Fastensonntag 1741 – das war der 26.2.1741 – seinen 24. Geburtstag bzw. er war nach der Schlacht bei Kunersdorf 1759 39 Jahre alt. Die Sterbejahre der Eltern beziehen sich auf das Geburtsjahr 1720). Theologiestudium von 1737 bis Ostern 1741 in Jena. 1741 Einstellung als Volontair bei den Natzmer-Ulanen; trägt Ende Sommer 1741 die Uniform eines Unteroffiziers; nahm an allen drei Schlesischen Kriegen teil; Seconde-Lieutenant nach dem Scharmützel bei Olbendorf in Schlesien (7.6.1742); Adjutant des Friedrich Wilhelm von Seydlitz, nachdem dieser zum Major befördert (28.7.1745) und gleichzeitig Kommandeur des II. Bataillons wurde; lt. Rangliste nach dem Frieden zu Dresden (25.12.1745) Premier-Lieutenant geworden; Kommandeur der Leibesescadron von Anfang 1748 bis November 1756; Mitte Juni 1748 Beförderung zum Stabs-Rittmeister durch Friedrich II.; November 1756 Escadronchef; nach der Schlacht bei Leuthen (5.12.1757), also Ende 1757 bzw. Anfang 1758, Beförderung zum Major im Winterquartier Langenwaltersdorf – das Patent wurde durch von Seydlitz überreicht; verwundet in der Schlacht bei Hochkirch (14.10.1758) durch Säbelhieb über das Gesicht und Pistolenkugel in die Brust; seit Anfang 1759 Kommandeur des 2. Bataillons; nach der Schlacht bei Kunersdorf (12.8.1759) Reitunfall – invalide infolge zerbrochener Hüfte; ehrenvoller Abschied als Oberst mit 800 Taler Pension und dem Orden „pour le mérite“, überreicht durch Oberst von Dingelstedt; lebte ab Mai 1762 auf einem Gut seines Freundes v. F…, innerhalb einer Tagesreise von Stepenitz in Pommern entfernt und an einem See gelegen. Sein Lebensgemälde verfasste er 1784, aus dem hervorgeht, dass er unverheiratet war. Eine unerfüllte Liebe zu einer polnischen Adligen, namens Lodoiska, der früheren Braut des polnischen Fürsten Casimir Sulkowsky, die in der ersten Hälfte 1759 anscheinend im Kloster Lubin (26 nordöstlich von Lissa) starb, durchzieht die Selbstbiographie. Fritz von ……ky starb 1796.

Obiges Bild aus Friedrich Krippenstapel: Die Preußischen Husaren. Berlin 1883, Reprint Wolfenbüttel 2009, Seite 69. Es zeigt anschaulich die Uniform des Husaren-Regiments Nr. 4.  Es ist nicht Friedrich Wilhelm v. Seydlitz abgebildet, der 1743 bis 1752 im Regiment stand, denn die „Schnur-Uniform“ für Offiziere kam erst im Siebenjährigen Krieg auf. Es handelt sich hier um Bogislav Leonhard v. Seydlitz (1734-1776), der bis zum letzten Datum im gleichen Regiment stand. vgl. H. Bleckwenn: Die Uniformen der preussischen Kavallerie, Husaren und Lanzenreiter 1753-1786. Osnabrück 1979, Husarenregiment 4 (H 4), Tafel B.

Der Offizier von Lojewsky, auf den sich diese Biographie beziehen soll, hatte nach den zur Verfügung stehenden Unterlagen eine abweichende Laufbahn:

Jakob Anton von Lojewsky, Prädikat „Generosus Nobilis“, geboren (1718) nach seiner Sterbeanzeige; war 39 Dienstjahre im Husarenregiment (Nr. 4): d.h. Diensteintritt 1741; lt. Kabinettsorder vom 6. Oktober 1744 wurde die Ernennung des Fahnenjunkers Lojewsky zum Kornet ausgesprochen; 1750 erwähnt als Taufpate im Rang eines (Seconde-) Lieutenants; 1753 Premier-Lieutenant; bei Kunersdorf (12.8.1759) als Stabs-Rittmeister verwundet; am 26.5.1762 erwähnt als Rittmeister mit seiner 200 Pferde starken Besatzungstruppe in Grimma/Sachsen (Kessel, S. 738, 986); am 28.3.1763 befördert zum kgl. pr. Major der Armee (Das Regiment gehörte zur Armeegruppe des Königs); seit 15.9.1770 Kommandeur des Husaren-Regiments Nr. 4. Verleihung des Ordens „pour le mérite“ am 8.9.1775 (Verleihung Nr. 717 dieses Ordens durch Friedrich dem Großen). Abgabe des Kommandos im November 1779; der Abschied wurde ihm im September 1780 bewilligt.

Jakob Anton von Lojewsky war mit Maria Magdalena, geb. Raschke, verheiratet. Er wurde als Major mit ihr zusammen als Taufpaten am 8.1.1772 in Militsch erwähnt, bzw. sie wurde als Taufpatin und Großmutter anläßlich der Taufe ihres Enkelkindes am 13.6.1794 in Oels erwähnt. Es ist fraglich, ob Jakob Anton v. L. vor der Geburt seines Sohnes Carl Jakob Anton Adalbert (1750) als Leutnant eine Heiratserlaubnis erhielt, da Friedrich II. „keinem Officier, subaltern und Rittmeister, bey die Husaren erlaube zu heiraten, weyl sie immer die Weiber im Felde mitschleppen“.

Jakob Anton von Lojewski starb am 22.3.1793 in Gr. Wartenberg im 75. Lebensjahr.

Der Herausgeber hat anscheinend Daten von anderen Offizieren des Husarenregiments in die Person von ……ky hineinkonstruiert:

Karl von Podgurski,  war 1741 Sekondelieutenant im Natzmerschen Husarenregiment (Nr. 4); er wurde wie von ……ky 1748 Rittmeister und 1757 Major. 1770 als Oberst Chef des gleichen Regiments und 1775 Generalmajor; erhielt den Orden „pour le mérite“ am 8.9.1775 zusammen mit Jakob Anton von Lojewsky.

Daniel Friedrich von Lossow kam 1742 in das Natzmersche Husarenregiment (Nr. 4) und ging 1758 als Rittmeister zum Husarenregiment Nr. 3; er war Schüler und Freund von Friedrich Wilhelm von Seydlitz und bei dessen Schwadron in Trebnitz (wie von ……ky). von Lossow erhielt am 2.11.1759 den Orden „pour le mérite“ (das gleiche Jahr wie von ……ky) und hatte 1773 einen Zusammenstoß mit dem Fürsten Sulkowsky, der ihm eine Forderung schickte (von ……ky hatte ein Duell mit Casimir Sulkowski während der Remonte [Pferdebeschaffung] in Skalat/Ukraine). Daniel Friedrich von Lossow wurde am 21.5.1781 Generallieutenant.

Alexander Gottlob Bogislav von Seydlitz-Kurzbach, der bis 1747 im Husarenregiment Nr. 4 gewesen ist, wurde „1759 wegen lang anhaltender Krankheit, in Folge eines Sturzes vom Pferde, auf sein wiederholtes Gesuch den Abschied mit Pension [von 500 Talern als Generalmajor!] bekam“ und 1782 in Greifenberg in Pommern [!] gestorben ist „im 82 Jahre seines Alters, nachdem er von 1741 bis 1759 [!] in den Schlesischen Kriegen mit Vorzug gedienet hatte“. Er war unverheiratet [!].

Die „Selbstbiographie des Husaren-Obersten von ……ky oder: meine militairischen Laufbahn im Dienste Friedrich des Einzigen“ wird 1934 in überarbeiteter Form neu aufgelegt, allerdings mit gändertem Titel:

„Und setzet Ihr nicht das Leben ein. Meine Erlebnisse als Reiteroffizier unter dem Großen König in den Jahren 1741-1759“ von Jakob Anton Friedrich Logan-Logejus. Bearbeitet und herausgegeben von einem deutschen Offizier, veröffentlich 1934, gekürzte Ausgabe, Verlag Wilh. Gottl. Korn, Breslau

Die zweite durchgesehene Auflage erschien unter dem Titel:

Jakob Anton Friedrich Logan-Logejus: „Meine Erlebnisse als Reiteroffizier unter dem großen König in den Jahren 1741-1759“. Bearbeitet und herausgegeben von einem deutschen Offizier, veröffentlicht 1934, gekürzte Ausgabe, Verlag Wilhelm Gottl. Korn, Breslau.

Im  korrigierten Vorwort des Buches der 2. Auflage wird folgendes mitgeteilt: „Der Kriegs- und Domänenrat Johann Friedrich Wilhelm Schütz erwarb 1803 das Beeskower Rittergut Kummerow von der Witwe des preußischen Generals August von Droessel, der mit der Familie Schütz befreundet und mit vielen in Pommern angesessenen Familien verwandt gewesen war. Da Schütz auch die gesamte Habe des Generals erwarb und von ihr unter anderem das Schreibmöbel gemeinsam mit den Blättern der 1783/84 entstandenen, die Erlebnisse schildernden Handschrift vererbte, so darf – achtet man die Familienüberlieferung – gefolgert werden, daß durch den Gutskauf auch die dieser Veröffentlichung zu Grunde liegende Handschrift in Schützschen Besitz kam.“

„Da es an der Zeit ist, die Blicke des deutschen Volkes auch auf Männer hinzulenken, die – in der Öffentlichkeit unbekannt – ebenfalls zu ihrem Teil mithalfen, Preußen-Deutschland entstehen zu lassen, so hielt es der Herausgeber für seine Pflicht, diese wertvolle geistige Hinterlassenschaft eines vorbildlichen Vertreters des Preußentums und eines mustergültigen Sohnes seines Volkes nicht in der Abgeschlossenheit eines alten Sekretärs ruhen zu lassen“.

Im Klappentext der kartonierten, 2. Auflage, wird begründet, weshalb gerade jetzt diese alten Tagebuchblätter eines friederizianischen Reiteroffiziers, die fast 150 Jahre in einem Sekretär ruhten, herausgegeben werden: „Weil aus ihnen eine Persönlichkeit von solch unbedingter Sicherheit, solch männlich-soldatischer Haltung und demütig-stolzen Glauben spricht, weil dieser Offizier das ewige Preußentum so rein verkörpert, daß er gerade uns heute wieder zum Vorbild wird“.

Vergleicht man die beiden Bücher von 1843 und 1934, so ist festzustellen, dass diese sich nur wenig unterscheiden. In der neueren Variante erscheinen die Kapitel z. T. in einer anderen Reihenfolge; es gibt  jetzt einen Großvater, der Ratsschreiber in Preußen war; die Mutter stammt jetzt aus dem Jülischen; die Schwester hat jetzt einen Namen: Caroline; der Autor  wird von seiner Großmutter nicht mehr „Fritz“, sondern nur noch „Junge“ genannt;  der Vater des Autors bricht sich den Arm statt durch eine Feuersbrunst nun durch Glatteis; dem Geburtsstädtchen des Autors ist nicht einmal das W… geblieben; die Geliebte Lodoiska heißt nun Lodoviska; die religiöse Einstellung des Offiziers wird stärker betont. Nach fast 90 Jahren ist natürlich auch die sprachliche Form etwas verändert und das Buch ist besser in Abschnitte gegliedert.

Im Gegensatz zu der 1843  anonym gehaltenen Ausgabe ist die 1934er Version so angelegt, dass man den Eindruck gewinnt, bei Logan-Logejus handle es sich um eine historische Person.

Zwar wird auch in der früheren Version der Vater des Autoren beschrieben, doch in der neueren bekommt dieser durch das Vorwort zur zweiten Auflage eine konkrete Gestalt:

„Wie Julius Haeckel in seinem Quellenwerk „Die Potsdamer Riesengarde (1713-1740)“, im Verlag der Gropius´schen Hofbuchhandlung in Potsdam erschienen, anführt, hat im Regiment zu Fuß Cronprintz, und zwar in der Compagnie des Obristlieutenants von Rinsch laut der Kabinetts-Registratur König Friedrich Wilhelm I. enthalten gewesenen Rangier-Rolle vom 31. Juli 1708 (Geh. Staatsarchiv Rep. 96) ein mit achtmonatiger Dienstzeit verzeichneter Sergeant Johann Gottlieb Logesius gedient. Aus der ungewöhnlich kurzen Dienstzeit ist zu folgern, daß dieser junge Mann zuverlässige charakterliche Eigenschaften besaß, gut lesen, schreiben und rechnen konnte, auch anstellig war. Es darf nunmehr gefolgert werden, daß dieser Sergeant später zum Kompagnie-Feldwebel aufrückte und der Vater des Verfassers der Erinnerungen wurde, weiterhin, daß eine, oft genug auch bei anderen Familien-Namen feststellbare, Silbenabschleifung stattgefunden hat“.

So begründet der Herausgeber die Entwicklung des Namens „Logesius“ zu „Logan-Logejus“.

Schon Dr. Herbert Lehmann, der das westpreußische Geschlecht Logan genealogisch bearbeitete, konnte die Daten des J.A.F. Logan-Logejus nicht einordnen und stellte fest: „In den Generalstabsakten des siebenjährigen Krieges kommt der Name Logan-Logejus nicht vor, dagegen stimmen alle Daten, selbst die Vornamen, mit einem v. Lojewski überein“. (Archiv ostdeutscher Familienforscher, Band 7, 1959-63, S. 105)

Dass es sich nicht um eine völlige Übereinstimmung von Jakob Anton Friedrich Logan-Logejus mit Jakob Anton von Lojewski handelt, wurde bereits festgestellt. Allerdings lassen sich aus den Beschreibungen der militärischen Ereignisse in den Jahren 1741-1759 durchaus die Person des Offiziers von Lojewski herauslesen, trotz aller Ergänzungen durch berühmt gewordene Mitglieder des Husarenregiments Nr. 4.

Während  in der 1843er Version die Verschleierung des Autoren betrieben wurde, soll anscheinend in der 1934er Version eine reale Person hervorgehoben werden.

Schon der Kauf des Gutes Kummerow soll beschreiben, woher die handschriftlichen Blätter stammen.

Hier handelt es sich um einen tatsächlich stattgefundenen Kauf: Cummerow im Kreis Lübben befand sich bis 1803 in der Hand der Familie von Drössel, auch von der Drössel, Dressel, Drösseler (Kneschke, Band 2, S. 582). Ob jedoch auch die Tagebuchblätter hier ihren Besitzer wechselten, sei dahin gestellt.

Käufer war anscheinend der 1803 nobilitierte (Christian) Wilhelm von  Schütz (1776-1847), der 1809-1811 als Landrat des Kreises Beeskow/Storkow wirkte und während dieser Zeit auf dem Gut Kummerow lebte. Wilhelm von Schütz, gen. Schütz-Lacrimas, Dramatiker, Lyriker, Publizist, Herausgeber von Casanovas Memoiren; übersetzte die Lehninschen Weissagungen usw. Er hinterließ ein enormes Schrifttum.

Sollte er der nicht genannte Herausgeber der Tagebuchblätter des Jakob Anton von Lojewsky sein?

In das romantische Schriftum von Schütz passt durchaus der Roman von Caroline Baronin de la Motte Fouqué, geb. von Briest: „Lodoiska und ihre Tochter“, Leipzig 1820 oder die Oper „Lodoiska“ von Luigi Cherubini (1760-1842), Uraufführung 1791 in Paris; erste Aufführungen in Dresden 1801, in Wien 1802, in Weimar 1805, in München 1813. Dieses, nur um deutlich zu machen, dass der Name Lodoiska zu dieser Zeit durchaus in Mode war.

Das Buch „Selbstbiographie des Husarenobersten von ……ky“ gehört zu den drei anonymen Schriften über Friedrich den Großen und sein Heer, deren Verfasser der Militärhistoriker Curt Jany (1867-1945) mit außerordentlich glücklicher Methodik ermittelt hat. Diese sind in Forschungen zur Brandenburgischen und Preußischen Geschichte (1925), 37. Band – 2. Hälfte, Seite 300 – 308 beschrieben.

Zur „Selbstbiographie des Husarenobersten von ……ky“ schreibt Jany folgendes:

„Das Buch gibt merkwürdige Rätsel auf, und die scheinbare Unmöglichkeit, seinen Verfasser zu bestimmen, hat ein erklärliches Mißtrauen gegen den Inhalt, wohl gar die Ansicht hervorgerufen, es handle sich um eine Mystifikation, wie wir eine solche weiterhin kennen lernen werden. Dem ist nicht so, und es ist zu bedauern, daß diese wertvolle Geschichtsquelle aus dem beregten Grunde nur wenig Beachtung gefunden hat. Daß freilich die Schrift nicht in ihrer ursprünglichen Form vorliegt, sondern eine moderne Überarbeitung erfahren hat, verrät sofort die literarischgeglättete, mitunter allzu schwunghafte Sprache. Das ist nicht das holprige Deutsch eines Husarenoffiziers des Alten Fritz.

Nach den eigenen Angaben des Buches ist ……ky, nachdem er von 1737 ab in Jena Theologie studiert hatte, im Jahre 1741 als Unteroffizier in das damals errichtete Natzmersche Regiment Ulanen eingetreten, das 1743 zueinem Husaren-Regiment (Nr. 4 der alten Stammlisten) umgewandelt wurde, hat, bald zum Offizier befördert, bei diesem die drei Schlesischen Kriege mitgemacht, bis er nach der Schlacht von Kunersdorf infolge eines unglücklichen Sturzes mit dem Pferde invalide wurde und abgehen mußte. Dabei soll er – etwas merkwürdig – nicht nur den Rang als Oberst, sondern auch den Orden pour le mérite erhalten haben. Im Jahre 1784 habe er sein Lebensgemälde beschrieben und sei 1796 gestorben.

Die Zahl der Offiziere des weißen Husarenregiments, deren Name auf  ky endigte, ist groß, aber darunter sind natürlich nur wenige, die 20 oder mehr Jahre diesem Regiment angehört und alle drei Schlesischen Kriege bei ihm mitgemacht haben. Eine Nachprüfung ihrer Personalien auf Grund der Akten, besonders der Geheimen Kriegskanzlei, ergibt, daß die oben mitgeteilen Angaben auf keinen zu passen scheinen. Karl v. Podjurski, auf den man geraten hat, ist Kommandeur, 1770 Chef des Regiments geworden und 1781 in dieser Stellung als aktiver Generalmajor gestorben. Jakob Anton v. Lojewsky ist als Major und Kommandeur desselben Regiments erst 1780 abgegangen. Major Albrecht v. Husarzewski ist erst im April 1763 dimittiert worden, noch aus dem Feldzuge 1762 liegt ein ganzes Paket von ihm erstatteter Rapporte im Nachlasse des Prinzen Heinrich vor. Andreas Mieskowsky de Mirow ist als Rittmeister in einem Gefecht bei Köben tötlich verwundet worden. Eine Ausdehnung der Untersuchung auf die übrigen Offiziere des Regiments, deren Namen zwar nicht die vielleicht erdichtete Endsilbe  ky zeigt, die aber 1759/60 ausgeschieden sind, zeigte, daß auch keiner von ihnen in Frage kommt. Somit scheint nur eine Erklärung übrig zu bleiben: die „Selbstbiographie“ kann nur ein Bruchstück der wirklichen Dienstlaufbahn geben, sei es, daß das Manuskript mit dem Jahre 1759 abbrach, oder – was ich für wahrscheinlich halte – daß es aus literarischen oder buchhändlerischen Gründen gewaltsam gekürzt wurde.  Die letzten Jahre des Krieges boten wenig Erzählenswertes. Das Regiment nahm 1760 an der Schlacht bei Torgau mit Ausnahme eines Kommandos von 200 Pferden nicht teil, es war auch 1762 nicht an der Schlacht bei Freiberg, der Rest war Kleinkrieg. Nehmen wir einmal diese Vermutung an, so fällt damit das Hindernis, daß die vorstehend aufgeführten Offiziere alle noch, teilweise viele Jahre lang, nach 1759 im Dienste gewesen sind.

Podjursky aber, der 1781 verstorbene General, kann trotzdem nicht der Verfasser sein, da als Todesjahr 1796 bestimmt angegeben ist. Überdies wird er in dem Werke wiederholt namentlich genannt, z.B. (Band) I, S. 74 ff.: „Podjursky, der als Premierlieutenant unsere Eskadron kommandierte, ein geborener Pole“, dessen Charaktereigenschaften dann rühmend hervorgehoben werden.

Husarzewsky kann es auch nicht sein, denn er hatte vor seinem 1741 erfolgten Eintritt in das Regiment Ulanen schon zwei Jahre in der polnischen Kronarmee gedient, was sich mit der Jugendgeschichte der „Selbstbiographie nicht vereinigen läßt.

Gegen Lojewsky dagegen besteht kein Einwand, sofern man nur die angebliche Verabschiedung von 1759, die den Abschluß des Buches begründen soll, als Erfindung des Herausgebers annehmen will. Es ist richtig, daß Lojewsky den Orden pour le mérite erhalten hat, den ihm der Herausgeber bei seiner Verabschiedung zuteil werden läßt. Er wurde ihm im Herbst 1775, als er Kommandeur des Regiments Podjursky war, verliehen. Seine Beförderung zum Obersten ist aus den Akten der Kriegskanzlei nicht nachzuweisen, es ist aber wohl möglich, daß ihm dieser Rang, nachdem er 39 Dienstjahre und vier Kriege durchgemacht hatte und 17 Jahre lang (seit 1763 !) Major gewesen war, nachträglich verliehen worden ist. Die Überspringung des Oberstlieutenantsgrades war bei solchen Gnadenerweisen nichts Ungewöhnliches. Sonach würde die Beförderung zum Obersten als auch die Ordensverleihung in dem Buche lediglich der erdichteten Verabschiedung von 1759 sogleich als „versöhnender Abschluß“ angehängt, aber nicht unwahr sein, und der Titel: „Selbstbiographie des Husaren-Obersten v. Lojewsky“ (die sechs Punkte passen zu dem Namen) zu Recht bestehen.

Sollte sich aus der Matrikel der Universität Jena feststellen lassen, daß dort in der Tat im Jahre 1737 ein stud. theol. Jacob Anton v. Lojewsky inskribiert worden ist, so könnte die, wie ich zugebe, oben nur auf mehr negative Gründe gestützte Ausführung als positiv erwiesen gelten. Die hauptsächliche Begründung für die vorgeragene Annahme über den Verfasser aber liegt in dem Inhalt des Werkes. Daß sich bei einer erst nach Jahrzehnten eines bewegten Soldatenlebens niedergeschriebenen Selbstbiographie kleinere Irrtümer, z. B. in der Zeitfolge, in Orts- und Personennamen vorfinden, ist begreiflich, und solche haben sich denn auch besonders in die teilweise sehr zusammengedrängte Schilderung der frühesten Zeit – der Feldzug von 1742 wird fast ganz übergangen – eingeschlichen. An die Schilderung des ersten mißglückten Gefechts der Lanzenreiter bei Olbendorf (7. Juni 1741) schließt sich sogleich die Umwandlung der Ulanen in ein Husaren-Regiment, sie erfolgte aber erst 1743. Hierbei will der Verfasser Lieutenant geworden sein, aber die Ernennung des Fahnjunkers Lojewsky zum Kornet wurde erst duch Kabinetsorder vom 6. Oktober 1744 ausgesprochen.

Im ganzen jedoch erweisen sich seine Angaben über die Offiziere des Regiments, mit denen er zusammen gedient hat, z. B. Seydlitz, als zutreffend, seine Schilderungen der Kriegsereignisse auch da, wo sie sich nicht ausdrücklich anderweit bstätigen lassen, als innerlich glaubwürdig und wahrscheinlich, so daß kein Zweifel an der Echtheit der ursprüglichen Niederschrift bestehen kann. Einzelne Verunstaltungen sind sicherlich auf den Herausgeber zurückzuführen, z. B. der angebliche Einzug des Ulanen-Regiments in Berlin 1741, wo es niemals war. Statt „Berlin“ stand in der Urschrift wahrscheinlich „Breslau“. Das Breslauische Tagebuch von Steinberger beschreibt das Einreiten der fremdartigen Reiterschar ausführlich. Als besonders interessant sind hervorzuheben die Beschreibungen des Rückzuges aus Böhmen 1744, der Schlachten bei Hohenfriedberg, Prag, Leuthen, Hochkirch, Kay und Kunersdorf.“

Curt Jany äußert sich gleich nach dem Erscheinen des Buches „Jakob Anton Friedrich Logan-Logejus: Und setzet Ihr nicht das Leben ein – Meine Erlebnisse als Reiteroffizier unter dem Großen König in den Jahren 1741-1759. Gekürzte Ausgabe. Verlag Wilh. Gottl.  Korn, Breslau 1934,  kritisch in Forschungen zur Brandenburgischen und Preußischen Geschichte (1934), 46. Band – 2. Hälfte, Seite 412-413:

„Moderne, zum Teil willkürliche Überarbeitung der 1843 in Leipzig erschienenen „Selbstbiographie des Husarenobersten von ……ky.“ Im 37. Bande der Forschungen habe ich wahrscheinlich zu machen gesucht, daß dieser Halbroman auf einer echten Grundlage beruht, und daß der Major Jakob Anton v. Lojewsky der Verfasser des ursprünglichen, nicht mehr vorhandenen in verstümmelter Form wiedergegebenen Manuskripts sein dürfte. Den dort beigebrachten Indizien hat sich noch folgender Umstand hinzufügen lassen. Nach der „Selbstbiographie“ ist der Vater des Verfassers Feldwebel in dem großen Grenadierregiment König Wilhelms I. gewesen und hat bei ihm die Belagerung von Stralsund 1715 mitgemacht. In der Kabinettsregistratur Friedrich Wilhelm I. (Geh. Staatsarchiv Rep. 96) fand sich in einer Rangierrolle der Kompagnie des Oberstleutnants v. Rinsch, des damaligen kronprinzlichen Regiments, vom 31. Juli 1708 in der Tat ein Sergeant Johann Gottlieb Logesius mit nur 8 Monaten Dienstzeit, also vermutlich ein junger Mann besserer Herkunft, der federgewandt war. Der Name Logesius kann sehr wohl eine Latinisierung von Lojewsky sein.“

Für die ab 1934 erschienen Bücher des „Logan-Logejus“ scheint Curt Jany mit seiner 1925 in den „Forschungen“ abgedruckten Buchbesprechung der „Selbstbiographie“ eine wesentliche Grundlage geschaffen zu haben. Korrekturen, wie z. B. der Einzug des Regiments nach Berlin, statt nach Breslau wurden berichtigt übernommen. Auch der von Jany angenommene Abbruch der „Selbstbiographie“ im Jahre 1759 wird wird der Anlaß sein, das Buch des „Logan-Logejus“ als gekürzte Ausgabe erscheinen zu lassen.

Der für Jany nicht so leicht zu ermittelnde Autor Jakob Anton v. Lojewsky wird 1934 von den Vornamen her übernommen und der in der „Selbstbiographie“ verwendete Vorname „Fritz“ wird als Friedrich mit daran gehängt. Der Nachname v. Lojewski ist wohl zur Zeit des Nationalsozialismus von seiner polnischen Herkunft her nicht der geeignete Name gewesen – dieser wurde latinisiert und „Logan-Logejus“ war das Ergebnis. Die Sache hatte aber einen Haken! Wie Curt Jany nach der Erstauflage des Logan-Logejus: „Und setzet ihr nicht das Leben ein – …“ feststellte, gab es tatsächlich einen Johann Gottlieb Logesius, der als Sergeant im Grenadier-Regiment von Wilhelm I. diente, denn in der Selbstbiographie wird der Vater des von ……ky als Feldwebel in diesem Regiment genannt. In der 2. überarbeiteten Auflage des Logan-Logejus wird  nun dieser Logesius im Vorwort mit verwendet und es wird erklärt, wie sich durch „Silbenabschleifung“ die Entwicklung von Logesius zu Logan-Logejus vollzog. In Wirklichkeit handelt es sich hier um zwei unterschiedliche Namen, die durch einen eigenartigen Zufall verbunden wurden – dem Vater des von ……ky, der natürlich auch schon in preußischen Diensten gestanden haben muß – und der Latinisierung des Namens Lojewski.

Die Annahme von Curt Jany, Logesius sei eine Latinisierung von Lojewski teile ich nicht. Mir sind im deutschen Sprachraum Latinisierungen von polnischen Familiennamen bekannt, jedoch keine Polonisierungen lateinischer Familiennamen. Im Grunde gehe ich davon aus, daß alle persönlichen Angaben in der „Selbstbiographie“ von 1843 Produkte des Herausgebers sind – nur die militärischen Schilderungen sind geschichtlich verwertbar.

Hier beziehe ich mich auf den oben erwähnten Gneomar Ernst von Natzmer, der in seinem 1870 erschienen Buch über George Christoph von Natzmer wesentliche Abschnitte aus den Tagebuchblättern des v. Lojewski verwendet. Hier werden nur militärische Daten und Schilderungen verwendet, keine persönlichen Angaben, wie zum Teil bei anderen Offizieren des Regiments. Gneomar Ernst von Natzmer hat auch keine Schwierigkeiten einen Autoren zu ermitteln, wie Curt Jany, sondern er kann Ranglisten, Verwundetenlisten und Beförderungen nennen, in denen v. Lojewski vorkommt. Im Vergleich zu Curt Jany scheint Gneomar Ernst von Natzmer noch die originalen Tagebuchblätter zur Verfügung gehabt zu haben.

Die einzige private Angabe, die Gneomar Ernst von Natzmer bezüglich des v. Lojewski nennt ist, daß die Gattin des Nikolaus Gustav Friedrich Leopold von Natzmer, dem älteste Sohn des Generalmajors und Chef des Husarenregiments Nr. 4, George Christoph von Natzmer, „eine v. Lojewski war, gewiß eine Angehörige des gleichnamigen Offiziers vom Natzmerschen Regimente“. (S. 103). Es handelt sich um Charlotta von Lojewski (1748-1811), einer Tochter des Jakob Anton von Lojewsky.

Die von Beginn der Dienstzeit an enge Beziehung des von ……ky bzw. Logan-Logejus mit dem Chef des Husarenregiments hat hier seinen realen Hintergrund.

In einem 2019 erschienen Buch des göttinger Professors Marian Füssel mit dem Titel „Der Preis des Ruhms: Eine Weltgeschichte des siebenjährigen Krieges, schreibt er unter den Quellen 65 und 66 folgendes:

„Die Beliebtheit von Selbstzeugnissen als Quellen für Kriegsereignisse und insbesondere den Siebenjährigen Krieg hat leider auch dazu geführt, dass fiktionale Texte unter dem Deckmantel einer Edition veröffentlich wurden und zum Teil bis heute in der Forschungsliteratur als Reverenzen gehandelt werden“.

Er nennt zwei Beispiele. Das eine betrifft die 1937 und 1946 veröffentlichten drei fiktiven Tagebücher eines britischen Schiffarztes mit Namen John Knyveton, den es nie gegeben hat [65]. Das andere handelt von der hier besprochenen Biographie:

„In Breslau erschien 1934 eine Lebensbeschreibung von Jakob Anton Friedrich Logan-Logejus unter dem Titel Meine Erlebnisse als Reiteroffizier unter dem Großen König in den Jahren 1741-1759. Auch der Autor dieses Textes hat nie existiert; es handelt sich bei diesem Werk um eine Neuausgabe eines Textes von 1843, dessen Verfasser ihn einem seinerseits konstruierten Offizier Namens Jakob Anton von Lojewsky zuschrieb [66].

Fazit: Nun ist auch der verdienstvolle Major Jakob Anton von Lojewsky der modernen Geschichtsschreibung zu Opfer gefallen. Er wurde zu einem Konstrukt. Der Verfasser des Werkes von 1843 ist nie genannt worden, sondern er ist von Curt Jany aus dem Text heraus „präpariert“ worden.

Ein Beispiel für einen Rittmeister von Lojewski, der nie existiert hat, ist der Roman „Levins Mühle“. Dieser wird im Text mehrfach erwähnt. Die Handlung spielt um 1874 im Kreis Strasburg in Westpreußen. Hauptort des Geschehens ist Neumühl, ein Dorf an einem Nebenfluß der Drewenz, 5 km nordöstlich von Gollub. Es ist zu bemerken, daß sich die Erzählung genau an die örtlichen Gegebenheiten hält.

Weiter ist auf die unmittelbare Nachbarschaft zu den Förstereien hinzuweisen, in denen Aloys von Lojewski von 1836 bis 1872 seinen Dienst ausübte [dieser war allerdings kein Rittmeister]. (Bobrowski, S. 172 f, 216 f, 290 f)

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